Moderation:
Frühlingsrolle, Nudeln und Pekingente. Nirgendwo spielt das Essen eine so zentrale Rolle im Alltag wie im Land der aufgehenden Sonne. Die Chinesen genießen das Essen und denken dabei weniger an das Zunehmen als wir Europäer. Und wenn sie nicht gerade essen, dann reden sie darüber. Beim Essen werden die verschiedenen Gerichte in die Mitte des Tisches gestellt, man isst alle Gerichte gemeinsam. Andererseits sind die Chinesen Außenstehenden gegenüber sehr zurückhaltend. Wie man diese Unterschiede überbrücken kann, verrät der Österreichische Handelsdelegierte in China, Oskar Andesner:

O-Ton Andesner:
Indem man eine Zeit lang dort lebt und versucht, sich auf den Chinesen einzuleben, „einzutunen“, wie man auf Englisch sagt. Und indem man sie beobachtet und studiert, wie eben ein Chinese die Dinge sieht. Beim Kontakteknüpfen ist es auch sehr wichtig, dass Sie sich auf Ihr Gegenüber einstellen. Dass Sie die Rituale einmal richtig beginnen. Dass Sie sich vorstellen, ihre Karte Ihrem Gegenüber gleich geben. Dass er sie sozusagen auch einstufen kann. Wer sind Sie, welche Position haben Sie, woher kommen Sie? Und das gegenseitige Abtasten ist einmal sehr wichtig. Und dann eine Beziehung aufzubauen.

Moderation:
In den großen Städten kann man sich notfalls auch mit Englisch verständigen, einige Redewendungen sollte man aber kennen, meint Felix Wemheuer vom Institut für Ostasienwissenschaften der Uni Wien:

O-Ton Wemheuer:
Ja, was man in China vielleicht öfter verwendet, wenn man es ganz simpel machen will, ist einmal „Guten Tag“ zur Begrüßung „ni hao“, das kann man auch den ganzen Tag sagen. Die Chinesen sagen auch oft zur Begrüßung „hast Du schon gegessen?“, und was man auch manchmal oft zu hören bekommt, das eine richtige Redewendung ist „mei banfa“, das heißt so ungefähr „da kann man nichts machen“, und oft, wenn irgendwas nicht funktioniert, da hört man „mei banfa – da kann man nichts machen“. Einen großen Vorteil hat die chinesische Sprache, dass die Zahlen genauso sind wie unsere, und da kann man sich immer ganz gut an zum Beispiel Buslinien oder Nummern orientieren, auch, wenn man kein Chinesisch kann.

Moderation:
Wir Europäer legen viel Wert auf Formalitäten und Verträge. In China, so Andesner, ist das anders.

O-Ton Andesner:
Bei uns selbstverständlich ist, dass wir glauben, wir sind die Besten, wir haben das beste Produkt. Und wir vernachlässigen die persönliche Beziehung. In China geht man davon aus, dass das Produkt selbstverständlich gut sein muss, weil sonst würden Sie sich ja nicht trauen, dieses Produkt zu verkaufen. Aber sie müssen Vertrauen aufbauen und jeder Vertrag ist eigentlich ein nutzloses Papier, wenn sie die Beziehung nicht haben. Und generell ist in China ein Vertrag nicht vergleichbar mit einem Vertrag in Europa. Der Vertrag ist eine Absichtserklärung, damit Sie auf dieser Absichtserklärung erst weitere Verhandlungen beginnen können.

Moderation:
Preisverhandlungen sollte man erst führen, nachdem man sich gut informiert hat. Sie sollten besonders darauf achten, dass Sie sich dabei korrekt verhalten. Gute Geschäfte kann man dann machen, wenn man eine persönliche Vertrauensbasis aufgebaut hat.

O-Ton Andesner:
Wenn Sie die nicht haben wird der Chinese immer wieder versuchen, so weit zu gehen wie er kann. Und das liegt an Ihnen. Wenn Sie jetzt in ein Geschäft hineingehen in China und der verlangt von Ihnen hundert Euro, das Produkt aber wirklich nur einen Wert von zehn Euro hat, dann liegt es an Ihnen wie weit Sie das akzeptieren. Wenn Sie sich vorbereitet haben, informiert haben, und den Markt sich angesehen haben, dann wissen Sie sehr schnell, wie der Preis wirklich ist. Und Sie sagen: der Preis ist bei zehn, ich sag jetzt fünf und wir werden uns bei zehn einigen. Aber er hat bei hundert begonnen. Und wenn Sie jetzt wie so viele uninformierte Westler kommen, dann glauben Sie Sie haben gewonnen, weil Sie sich bei fünfhundert geeinigt haben.

Moderation:
Das Essen hat in China eine wichtige soziale Funktion, man geht sehr oft mit Freunden oder auch Geschäftspartnern essen. Dabei sollte man beachten:

O-Ton Wemheuer:
Beim Geschäftsessen spielt auch die Hierarchie eine Rolle, dass dann meistens sozusagen die Leiter der Delegation oft zusammengesetzt werden. Generell muss man nicht denken, dass man in China alles essen muss, also man kann dann auch sagen, man ist es nicht gewohnt irgendwas zu essen, und das wird dann auch allgemein akzeptiert.

Moderation:
Die Chinesen gelten als sehr höflich. Einladungen zum Beispiel werden oft nur aus Höflichkeit ausgesprochen. Man sollte sie nicht gleich beim ersten Mal annehmen. Umgekehrt sollte man sich nicht wundern, wenn man einem Chinesen mehrmals etwas zu Essen oder zu Trinken anbieten muss, bis er es annimmt.

O-Ton Wemheuer:
Wo man vielleicht auch ein bisschen aufpassen sollte, ist, dass es generell mit Körperkontakt etwas anders ist als bei uns. Also Bussi rechts, Bussi links, das ist in China nicht üblich, und wenn man Frauen nicht gut kennt, wird eigentlich da auch ein klarer Körperabstand eigentlich eingehalten. Andererseits sollte man sich aber nicht wundern, wenn einem Männer mal die Hand auf die Schulter oder aufs Knie legen, also Körperkontakt zwischen Männern ist dort lockerer als bei uns, wo doch mehr Abstand eingehalten wird.

Moderation:
Das Wichtigste, das einem dabei hilft, die zurückhaltenden Chinesen für sich zu gewinnen und eine persönliche Beziehung aufzubauen, sind Freundlichkeit und Offenheit.

O-Ton Wemheuer:
Also ich kann nur sagen, als Deutscher kann man in Österreich in viel mehr Fettnäpfchen treten, als zum Beispiel als westlicher Ausländer in China, weil die Chinesen wissen ja auch, dass wir nicht alle Regeln und Umgangsformen kennen, und von uns daher gar nicht erwarten, dass wir sozusagen zu Chinesen werden, und ich denke, so lange man die Menschen offen und freundlich behandelt, kann man auch da nicht so viel falsch machen dort.

ACHTUNG: Die Transkripte werden direkt von den Audio-Interviews übernommen. Die Zitate können daher grammatikalische Fehler enthalten.