Publikum applaudiert und lacht

Moderation:
Er hat sich mit seinem Mix aus Seminar und Kabarett zu einer fixen Größe in der Unterhaltungsszene gemausert. Aber auch ein Erfolgsmensch wie Psychologe und Sexualtherapeut Bernhard Ludwig hatte Tiefen, in denen er aus der Balance geriet.

Bernhard Ludwig:
Ich habe vor sechs Jahren einen Schlaganfall gehabt. Ich bin voriges Jahr Bypass-operiert worden. Und ich würde wahrscheinlich nicht mehr leben, wenn ich das „10 in 2“ nicht schon seit dreieinhalb Jahren machen würde. Ich würde gar nicht mehr da sitzen und da antworten können.

Moderation:
Mit seiner selbst entwickelten Methode „10 in 2“ hat Ludwig seinen Weg zurück in eine Work-Life-Balance gefunden. Wie das aussieht? An einem Tag essen Sie, was Sie wollen und am nächsten Tag nichts. Laut Ludwig lernt so der Körper, von seinem eigenen Fett zu naschen. 4.500 Fans teilen mit Bernhard Ludwig auf Facebook diesen Weg zum inneren Gleichgewicht.

Was aber ist Work-Life-Balance genau? Für Gabriela Konrad, WIFI-Trainerin und Systemischer Coach, ist der Begriff an sich negativ besetzt.

Gabriela Konrad:
Der Begriff Work-Life-Balance beinhaltet insofern das Drama, als dass Work Arbeit heißt und Life Leben. Als würde unsere Arbeit nicht zu unserem Leben gehören. Und wenn das so ist: Wenn ich arbeite, um Anerkennung ausschließlich erreichen zu wollen und das allerdings nicht zu meinen Grundinteressen oder auch Dingen gehört, die mir Spaß machen, dann ist dort das Drama, weil es über kurz oder lang zu Burnout-Krankheit oder sonstigen Symptomen führt.

Moderation:
Konrad bevorzugt den Begriff „Life Domain Balance“, bei dem es um das Gleichgewicht aller wichtigen Lebensbereiche im Leben geht. Kann man anhand einer Formel definieren, wie diese Balance am besten eingehalten wird?

Konrad:
Das wäre total cool, wenn es das gäbe, weil dann gäbe es den Einheitsmenschen. Also berücksichtigen Sie 20 % Freizeit und Familie, 30 % … das funktioniert nicht, weil jeder Mensch anders ist. Dh, das, was für den einen lang bedeutet, ist für den anderen kurz. Und wenn ich jetzt eine Stunde mit meiner Familie verbringe und das ganz, ganz toll ist, dann kann das ausreichend sein. Für den anderen ist das zu wenig.

Moderation:
Es gibt also keine allgemein gültige Formel für das innere Gleichgewicht. Denn Sie allein müssen wissen, was Ihnen in Ihrem Leben wichtig ist. Und zwar wirklich wichtig. Klingt einfach. Ist es aber nicht, wie Konrad weiß.

Konrad:
Dh, wenn wir jetzt zB ein Manager, der unglaublich nach Erfolg und Anerkennung giert, deswegen 70/80 Wochenstunden hat, in der Arbeit viel unterwegs ist und allerdings meint, Familie ist ihm sehr wichtig. Jetzt ist die Frage: Ist das wirklich so? Das wissen wir nicht. Das kann natürlich so sein, nämlich weil er einen gewissen Lebensstandard für seine Familie erreichen möchte und daher auch die Erkennung kommt. Oder geht es um die Anerkennung aus dem Job zB? Die für ihn persönlich wichtig ist, weil aus seiner Herkunft er – als Beispiel, aus armen Verhältnissen kommt – und da sich selber und seinen Eltern, seinem Vater etwas beweisen möchte.

Moderation:
Jetzt kommen wir der Lösung näher. Machen Sie sich bewusst, in welchen Situationen in Ihrem Leben Sie glücklich sind. Wo fühlen Sie sich gut? Was ist denn positiv? Meistens geht es hier um scheinbar ganz einfache, kleine Dinge.

Konrad:
Die Technik dafür ist das schwarze Buch. Ein Buch, wo ich all das hineinschreibe, was ich denke. Weil das Problem ist: Der Gedanke, den ich habe, der kreist immer wieder in meinem Kopf. Und ich muss mit dem was ich denke, konstruktiv umgehen lernen. Dh, ich schreibe es auf und – wichtig – ich arbeite es auch ab. Dh, im Privatleben fällt mir etwas ein, was ich in der Firma machen muss. Ich schreibe es mir auf und vereinbare aber ganz sicher mit mir den Termin, dass ich zB am Montag um 8 Uhr in der Früh genau das auch tun werde. Sonst vertraue ich mir selber nicht mehr. Und umgekehrt das Gleiche. Bevor ich die Arbeit verlasse, halte ich alles fest, was offen ist. Das Prinzip Schriftlichkeit ist für unser Gehirn ein ganz wichtiges, dass wir besser mit unserer Zeit und unserem Leben umgehen lernen.

Moderation:
Es gibt Bereiche, die Work-Life-Balance oder Life Domain fördern. Dazu gehört unter anderem die Familie. Welchen Stellenwert diese Bereiche für den einzelnen haben, muss jeder für sich klären. Konrad warnt davor, sich strikt ein Ausgleichsprogramm auszulegen, noch bevor man seine eigenen Bedürfnisse kennt.

Konrad:
Aber zB, dass Bewegung etwas ist, was wiederum unser Gehirn fördert und die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns fördert, das ist ein wichtiger Punkt. Aber da geht es gar nicht um Sport. Weil wenn dann die Leute hören, ich muss jetzt jeden Tag laufen gehen, dann ist schon Krise angesagt. Sondern es geht viel mehr – ich nenne es jetzt mal „die Schrittzahl erhöhen“. Ich bewege mich. Denn durch das, dass ich meinen Körper bewege, bewege ich meinen Geist. Das ist wie ein Selbstüberlistungsprogramm. Bin ich stecken geblieben in einem Problem, dann sollte ich mich bewegen.

Moderation:
Auch Bernhard Ludwig propagiert in seiner Methode Bewegung in einer entspannten, nicht ehrgeizigen Form.

Ludwig:
Ich beziehe mich eher auf ein Minimumprogramm, was die sportlichen Seiten betrifft, und forciere eher Alltagsbewegung. Dass man ganz normal angezogen wieder Bewegung macht. Die meisten ziehen sich zuerst um, bevor sie nur einen Rührer machen. Die gehen nicht mehr zu Fuß, die fahren nicht mit dem Rad. Das hat keine Sinnhaftigkeit mehr. Mir geht es darum, Zeit zu gewinnen. Und wenn man diese Zeit hat, kann man sich überlegen, ob ich Marathon laufen gehe oder was viel, viel, viel Lustigeres mache.

Moderation:
Für Konrad sind auch kleine private Aufgaben Projekte. Und sie sollen auch so angegangen werden. Mit klaren Zielen und Zeitplan.

Konrad:
Also grundsätzlich halte ich viel davon, dass auch aufzuschreiben und das auch als Projekt zu sehen, weil damit bekommt es ja auch Wert. Weil wenn ich etwas aufschreibe, ist es wie eine Vereinbarung mit mir selber und damit auch eine Möglichkeit, mein Gehirn auszurichten. Unter der Voraussetzung, dass es in eine lösungsorientierte Richtung immer wieder geht. Also zB ein Tagebuch zu schreiben mit immer nur negativen Einträgen, programmiert mich negativ. Dh, es gibt ein wichtiges Prinzip. Ich schreibe das auf, was mich belastet und ich beende mit dem, was dadurch möglich wird. Was ist heute zB gut gelaufen? Ein Highlight-Tagebuch. Aus dem heraus kann ich auch ein Projekt nähren. Wo ich sage: Das ist mein Ziel und auf dem Weg dahin gibt es Hindernisse. Wie gehe ich mit den Hindernissen um? Je klarer allerdings mein Ziel ist und mein Projektplan – wenn wir es so nennen wollen – umso leichter kann ich die Hürden nehmen, weil ich das im Blick behalten kann.

Moderation:
Wenn Sie Ihre Bedürfnisse ernst nehmen, indem Sie sich selbst immer wieder fragen, was Ihnen wichtig ist, und Ihr Leben auch danach richten, dann wir Ihnen die Luft nicht ausgehen. Und – Sie haben die innere Balance gefunden.